Spirit oder Geld

Am Strand bieten wie in Kovalam oder Kochi eine Vielzahl von Händlern unüberschaubare Kitsch-Souveniers an. Angefangen von Muscheln über Blumenketten, Armbändchen, Holzlöffel, jede Menge Holz-Götter und Plastik-Buddhas bis hin zu kleinen Opfergaben. Als wir an einem kleinen Tempel vorbeilaufen, winkt ein knorriger Mann herüber, der mit Räucherstäbchen geheimnisvoll über unsere vorgebeugten Köpfe kreist. Leise murmelt, vielmehr nuschelt er zwei, drei Sätze und markiert dann mit einer Paste einen roten Punkt auf der Stirn. Dazu schaut er leidend und hofft auf eine milde Gabe. Keine Frage, der will Bares sehen, sonst verwandelt er den eben geschenkten Segen in einen Fluch. Sadhus können das. Die leben meist als asketische Wanderpilger, sind auf langen Pilgerfahrten viel zu Fuß unterwegs und anderen Strapazen ausgesetzt. In unzähligen Sekten stellen sie eingeschworene Gemeinschaften dar, die jeweils ihre eigenen Traditionen pflegen. Gemein ist ihnen nur die Liebe zu Marihuana, der heiligen Pflanze ihres Gottes Shiva. Nein, das hier ist kein Sadhu. Das ist auch nur ein Bettler, der uns für zehn Rupien immerhin am mystischen Hauch Indiens schnuppern lässt.

Ganz anders als die in die Jahre gekommene Frau mit dem wirren Blick, die im Fünf-Minuten-Intervall hinter uns auftaucht. Sie spricht nur die weißen Touristen an, faltet die Hände, um sie anschließend zu öffnen und zu zeigen, wie leer sie sind. Die neben uns stehende Inderin, eine überaus hübsche, dunkelhaarige Schönheit, die ihre Familie mit einer superkleinen Digicam fotografiert, ignoriert sie. Hartnäckig bleibt sie vor uns stehen. Offenbar spürt sie hier ein reicheres Karma. Suzanna und Carmen geben etwas, um endlich Ruhe zu haben, doch mich verflucht sie schließlich lauthals wie eine zänkische Jungfer. Außer mit dem Teilzeit-Sadhu habe ich mein Leid bereits mit drei weiteren Bettlern geteilt, werde Indien jedoch so oder so nicht aus der Armut befreien können.